ENS-Europawahl-Prüfsteine: Das sagt die SPD

Die Wahl zum Europäischen Parlament am 26. Mai wird auch über den Kurs der EU bei globalen Gerechtigkeitsfragen und der Migrationspolitik entscheiden. Das ENS wollte von sächsischen Kandidatinnen und Kandidaten der großen Parteien wissen, wofür sie stehen. Als Zweite antwortete Constanze Krehl  von der SPD. Die Leipzigerin ist seit 1994 Abgeordnete des Europäischen Parlaments.

 

Was wollen Sie und Ihre Partei an der EU-Agrar-, Fischerei- und  Handelspolitik ändern, um Menschen in ärmeren Ländern ein besseres Leben  mit gerechten Chancen zu ermöglichen?

Constanze Krehl: Die SPD steht für eine nachhaltige europäische Exportpolitik, was ganz ausdrücklich den Bereich Nahrungsmittelexport einschließt. Wir lehnen eine landwirtschaftliche Produktion ab, die sich lediglich am Export auf den Weltmarkt ausrichtet und für den Zusammenbruch regionaler Märkte in Entwicklungs- und Schwellenländern mitverantwortlich ist.

Wir wollen insgesamt die Entwicklungszusammenarbeit verbessern, mit dem Ziel einer stabilen Staatlichkeit für Entwicklungsländer sowie Ausbau ihrer eigenständigen sozialen, nachhaltigen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Wir lehnen es ab, Entwicklungspolitik lediglich auf die Verhinderung von Migrationsbewegungen auszurichten, ebenso dürfen wie das Einsetzen von Entwicklungsgelder nicht für militärische Zwecke eingesetzt werden.

Wir wollen ein Europa, das die Umsetzung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) zielstrebig verfolgt. Ziel Nummer fünf, die Gleichstellung der Geschlechter, ist dabei für uns ein durchgängiges Prinzip. Die Fähigkeiten zur zivilen Krisenprävention und Konfliktbewältigung sowie die Programme zur Entwicklungszusammenarbeit müssen ausgebaut und mit mehr Ressourcen ausgestattet werden. Wir stehen auch weiterhin zu unserem Ziel, mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aufzubringen.

 

Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie und Ihre Partei auf EU-Ebene  umsetzen, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen?

Constanze Krehl: Um das Ziel des Pariser-Abkommens zu erreichen, unterstützen wir eine Anhebung des europäischen Klimaschutzziels auf mindestens 45 Prozent Treibhausgasminderung bis 2030 (Basisjahr 1990). Sowie das langfristige Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050. Um dies umsetzen zu können, wollen wir ambitioniertere Schritte zur schnelleren Umstellung des Energiemixes hin zu mehr erneuerbaren Energien in ganz Europa. Dazu gehört das Funktionieren des europäischen Emissionshandels weiterhin sicherzustellen, ebenso wie die Einführung eines CO2-Preises für die Sektoren, die nicht vom Emissionshandel erfasst sind. Auch die Europäische Forschungsförderung werden wir darauf ausrichten, Innovation zur Umstellung unserer Wirtschaft auf Klimaneutralität und zur Klimaanpassung zu entwickeln. Daneben wird auch die Forschung zu den sozialen Folgen des Klimawandels, der Klimaanpassung und der ökologischen Transformation unserer Gesellschaft gefördert

 

Werden Sie und Ihre Partei konkrete Schritte zur Sicherstellung der  Menschenrechte in der gesamten Lieferkette von Produkten ergreifen – und  welche werden das sein?

Constanze Krehl: Wir haben mit der Konfliktmineralienverordnung einen ersten Schritt in dieses Gebiet gemacht. Dank der Arbeit der sozialdemokratischen Abgeordneten konnten wir eine verpflichtende und sanktionierbare Gesetzgebung durchsetzen. Darauf müssen wir aufbauen, zurzeit laufen Diskussionen wie man in anderen Wirtschaftszweigen wie Textilien oder Kakao Gesetzgebungen gestalten könnte. Es kommt viel Druck aus dem Europäischen Parlament in dieser Frage, vor allem aus unserer Fraktion, das sorgt dafür, dass sich die Europäische Kommission diesem Thema stellen muss.

 

Wie wollen Sie und Ihre Partei den Tod von Flüchtenden an der  EU-Außengrenze verhindern und eine humane Migrationspolitik sicherstellen?

Constanze Krehl: Wir wollen mehr europäische Regeln für legale Zuwanderung schaffen. Auch um das Sterben auf dem Mittelmeer und auf anderen Fluchtrouten zu beenden, brauchen wir einheitliche und einfache Regelungen für legale Zuwanderung nach Europa, die sich nicht ausschließlich an ökonomischen Kriterien orientiert. Als Vorbild kann hier die deutsche Regelung für eine vereinfachte Arbeitsmigration für den Westbalkan dienen. Wir wollen zudem, dass das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) ein Konzept für gemeinsame europäische humanitäre Visa vorlegt.

Wir fordern auch, dass alle Mitgliedsstaaten ihren Beitrag zu einer leistungsfähigen Seenotrettung im Mittelmeer leisten. Dazu muss die EU die Seenotrettung intensiver koordinieren und die Mitgliedstaaten dabei finanziell, technisch und personell unterstützen. Hierfür müssen ausreichende Mittel veranschlagt werden. Private Hilfsorganisationen dürfen nicht kriminalisiert werden, sie sollen aufgenommene Flüchtlinge unmittelbar in europäische Häfen ausschiffen dürfen.

Zudem stehen wir für eine Ausweitung des EU Resettlement-Programms und verbindliche Umsetzung der Kontingentziele in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). Die kontrollierte Aufnahme von Flüchtlingen in den europäischen Staaten verbessert die Lebensumstände aller Schutzsuchender in den Flüchtlingslagern des UNHCR. Migrationspartnerschaften, bei denen Staaten außerhalb der EU nur dafür bezahlt werden Migrantinnen und Migranten an der Durchreise zu hindern, lehnen wir ab, genau wie die Idee von „Ausschiffungsplattformen“ in nordafrikanischen Transitländern.