Sachsens Koalition bekennt sich zur Entwicklungspolitik – doch bei ihrer Einkaufspolitik lehnt sie globale Verantwortung ab

Die CDU-SPD-Koalition hat am 13. März im sächsischen Landtag einen Antrag zur Entwicklungszusammenarbeit im Freistaat beschlossen. Er würdigt das bisherige Engagement von Zivilgesellschaft und Staat in diesem Bereich wie etwa die Förderung von partnerschaftlichen Projekten von sächsischen Initiativen im Globalen Süden oder das Eine Welt-Promotor*innen-Programm und fordert von der Landesregierung Informationen über konkrete Maßnahmen und darüber, „wie die Entwicklungszusammenarbeit als Querschnittsaufgabe in den einzelnen Ministerien wahrgenommen wird“. Außerdem soll die Landesregierung die Erarbeitung „entwicklungspolitischer Leitlinien“ für Sachsen und den Aufbau einer Partnerschaft mit einem Land oder einer Region im globalen Süden prüfen.

„Es ist gut, dass nach zehn Jahren Pause dieses Thema im Landtag diskutiert wurde mit einer positiven Grundstimmung“, sagt Dorothea Trappe, Co-Geschäftsführerin des Entwicklungspolitischen Netzwerkes Sachsen e. V. (ENS). „Aber wichtige Punkte fehlen uns.“ So wird die Verantwortung von Ländern wie Sachsen für die Armut und Not in anderen Ländern – etwa durch Klimaerwärmung und unfaire Wirtschaftsbeziehungen – in dem Antrag nicht thematisiert. „Genau hier könnte der Freistaat mit einer klimaschützenden Energie-, Verkehrs- und Landwirtschaftspolitik auch ganz konkret Dinge zum Guten verändern“, sagt Andreas Roth, Co-Geschäftsführer des ENS. „Leider haben CDU und SPD ein Vergabegesetz, das beim Einkauf von Staat und Kommunen die Menschenrechte in den Produktionsländern schützt, zuvor in der selben Landtagssitzung abgelehnt. Dabei sind elende Arbeitsbedingungen und Ausbeutung mit schuld an der Armut in vielen Ländern.“

Die Position der CDU zu den Entwürfen eines Vergabegesetzes mit sozialen und ökologischen Kriterien von Bündnis 90/Die Grünen und der Linkspartei brachte ihr Wirtschaftspolitiker Ronald Pohle auf diesen Punkt: “Wir werden den Gesetzesentwurf selbstverständlich ablehnen – in der Tradition guter Gesetze für Sachsen und nicht für die Welt”.

Zwei Stunden später waren aus der CDU-Fraktion bei der Einbringung des Antrages zur Entwicklungspolitik ganz andere Töne zu hören. „Wir haben den Punkt erreicht, ab dem man sich gegenüber weniger entwickelten Weltregionen solidarisch zeigen muss“, sagte der Abgeordnete Marko Schiemann. „Diese Verpflichtung folgt auch unserem christlich-jüdischen Menschenbild, auch den Menschen zu helfen, die sehr weit weg sind.“ Schon in diesem Jahr werde der sächsische Haushalt für Entwicklungszusammenarbeit von jährlich 400 000 Euro auf 550 000 Euro wachsen und im nächsten Jahr auf 700 000 Euro aufgestockt werden. „Wir müssen von der Krisenintervention hin zu nachhaltigen Projekten kommen“, so Marko Schiemann – auch in der Bildungsarbeit für globale Gerechtigkeit in Sachsen selbst. Ausdrücklich dankte er den vielen Engagierten, Initiativen und dem Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen für ihre Arbeit in den letzten Jahren.

Bündnis 90/Die Grünen im Landtag stimmten dem Antrag der Koalition zu. „Er ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung“, sagte ihre Abgeordnete Franziska Schubert. Sie forderte aber von der Staatsregierung einen Fokus auf Klimaschutz, Frauen, Menschenrechte und soziale Mindeststandards.

Aus der AfD bekundete der Abgeordnete Rolf Weigand Zustimmung zu den meisten Inhalten des Antrages zur Entwicklungspolitik des Freistaates. Man sei auch dankbar gegenüber dem Engagement der Ehrenamtlichen in diesem Bereich – kritisch jedoch gegenüber dem „Ehrenamt als Geschäftsmodell“, was offenbar in die Richtung der staatlich geförderten Nichtregierungsorganisationen zielte.

Für den Linken-Politiker Enrico Stange enthält der Antrag zur Entwicklungspolitik der Koalition bloß „Schaufensterreden und Allgemeinplätze“. „Es geht um langfristige Perspektiven und nicht um Mildtätigkeit. Nicht nur darum, wie Migrationsdruck vermindert werden kann – sondern darum, wie wir partnerschaftlich in dieser Welt miteinander umgehen.“

Die Debatte als Video lässt sich hier nachsehen.

 

Foto: Sächsischer Landtag/Steffen Giersch